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Podcast "Caring & Sharing"
Daniela Colleselli is a urologist by training, studied with us and was academically active until she recently started her own practice.
Join us to learn about the organization of GU oncology care in Austria in general, and around Salzburg in particular.
And, most importantly, how the M.Sc. degree helped Daniela in her career.
We talked in German but the transcript will be available next week in the news section of our homepage.
Stay tuned!
The interview was slightly edited for better legibility. Translation via google lens: https://lens.google/intl/de/#cta-section
USS: Herzlich willkommen zu Caring & Sharing, dem Advanced Oncology Podcast. Ich heiße Uta Schmidt-Straßburger und treffe mich heute mit Frau Privatdozentin Daniela Collesselli aus Salzburg. Frau Dr. Collesselli hat in Österreich studiert und ihre Facharztausbildung begonnen. Sie hat aber auch Erfahrung in der deutschen Hochschullandschaft gesammelt als Assistenzärztin in Tübingen. Sie hat sich dann habilitiert und in Salzburg spezialisiert. Und sie ist – nicht ganz überraschend – eine Absolventin, eine sehr erfolgreiche Absolventin, unseres Studiengangs Advanced Oncology. Und da sie sich neulich entschlossen hat, eine Kassenpraxis zu übernehmen, möchte ich mich heute mit ihr darüber unterhalten. Herzlich willkommen, liebe Daniela.
DC: Hallo Uta, herzlichen Dank für die Einladung und danke für die umfassende Vorstellung. Ich freue mich, dass ich jetzt etwas wie meinen Alltag auch in der Ordination abseits der Hochschulurologie erzählen darf.
USS: Ich bin ganz neugierig. Sie haben, wie ich schon sagte, eine Praxis für Urologie übernommen. Und mich interessiert natürlich, was Sie bewegt hat, diesen Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.
DC: Es war vorab keine leichte Entscheidung, das war keine Ad-hoc-Entscheidung. Ich habe mir sehr viel Zeit genommen und das auch jahrelang überlegt und vorbereitet, hab mich entschlossen, eine Kassenordination, d.h. eine Ordination im öffentlichen Gesundheitssystem zu übernehmen. Es gibt mehrere Punkte, die dafür gesprochen haben, das zu machen. Es ist zum einen eine Lebensqualitätsentscheidung. Es fallen Dinge wie Nachtdienste, Wochenenddienste oder aber auch Vorgesetzte weg. Es ist so, dass es in Österreich auch ein Job ist, der finanziell dem Krankenhausarzt überlegen ist. Aber schlussendlich war es auch für mich die Entscheidung, dass ich für mich jetzt nach 20 Jahren der Urologie in der Klinik auch einen Job oder eine Berufung finden wollte, die jetzt bis zur Rente oder bis zur Pension eine endgültige ist. Da ist natürlich in einem angestellten Verhältnis auch – wenn es in Österreich unbefristete Verträge gibt – immer besser, wenn man sich selbst sein Umfeld und seine Arbeitsbedingungen schaffen kann.
USS: Das klingt auf jeden Fall spannend und ich habe ganz viele Fragen, wie Sie das umsetzen. Ich habe Sie wahrgenommen als intellektuell und akademisch sehr versierte Studierende. Deshalb interessiert mich natürlich, ob Sie die Uni schon vermissen. Sie sind jetzt seit Anfang April in Ihrer eigenen Ordination. Gab‘s Momente, wo Sie sich gesagt haben, oh jetzt will ich schon... Oder gibt es Aspekte in Ihrer Tätigkeit, die sie vermissen?
DC: Es sind natürlich ein großer Umstieg und ich bin erst seit Anfang April in der Niederlassung. Das heißt: Das ist jetzt noch alles neu, alles spannend. Ich habe ehrlich gesagt gar nicht die Zeit, die Universität zu vermissen. Und das ist auch etwas breit gefächert, das „die Universität“. Es gibt Aspekte, die man vermisst und Aspekte, wo man eben froh ist, dass man das nicht mehr mitträgt, nicht mehr machen muss. Wenn man natürlich so ein Fach für Urologie wählt, ist das ist in erster Linie schon so, dass man auch chirurgisch tätig sein möchte. Das ist natürlich etwas, was jetzt sehr zurückgedrängt ist am Anfang. Das sind natürlich Aspekte, die man vermisst. Es ist auch die Gemeinschaftlichkeit, auch das Gemeinsame-Entscheidungen-Treffen, was einem fehlt. Der interdisziplinäre Austausch wird natürlich schwieriger. Aber schlussendlich bin ich jetzt mal in der Anfangsphase und Orientierungsphase und von ... ja, also ich habe jetzt persönlich noch keinen regret in der Hinsicht.
USS: Das hätte ich auch ehrlich gesagt gar nicht von Ihnen erwartet, weil ich denke, dass Sie eben sehr gut nachdenken, was Sie möchten, wissen, was Sie brauchen und dann hätte mich das überrascht. Wie ist denn die onkologische Versorgung in Salzburg und Umgebung ganz generell organisiert?
DC: Es ist so: Es gibt in Salzburg das Landeskrankenhaus. Das ist ein Haus der Maximalversorgung, auch mit einer angeschlossenen Privatuniversität. Dort gibt es die Abteilung für Innere Medizin, die die medizinische Onkologie macht, sehr viel auch Chemotherapie macht, plus zusätzlich dann die betreffenden Fachabteilungen. Es ist schon sehr zentralisiert. Es gibt noch ein Privatkrankenhaus, in dem Onkologie gemacht wird, und dann gibt es die Kooperation mit dem niedergelassenen Bereich. Also im Speziellen, was jetzt die Urologie betrifft, ist natürlich die Versorgung von Prostatakarzinompatienten einfach auch in der Niederlassung sehr gut möglich, weil wir da wenig Chemotherapie haben, viel medikamentöse, orale Therapie bzw. eben der ganze Androgenentzug subkutan. Es spielt sich schon eine großer Teil auch in der Niederlassung ab.
USS: Mich würde interessieren, wen Sie für interdisziplinäre Entscheidungen konsultieren, jetzt, wenn Sie in der Niederlassung sind. Haben Sie die Möglichkeit, an Tumorboards am Landeskrankenaus teilzunehmen, vielleicht per Video-Schaltung oder so?
DC: Per Video-Schaltung nicht. Also, es gibt ein sehr niederschwelliges Angebot eigene Patienten dort vorstellen zu lassen, durch eben die Kollegen, die die jeweiligen Entitäten betreuen. Es gibt das urologische Tumorboard. Es ist auch so, dass die medikamentösen Therapien in Österreich alle genehmigungspflichtig sind durch die Kassen. Und das setzt eigentlich in Salzburg voraus, dass der Patient auch in einem Tumorboard vorgestellt wurde. Das heißt, über jetzt Therapieentscheidungen oder Therapieänderungen bin ich quasi als niedergelassener Urologie gar nicht allein in der Entscheidungsmacht Therapiewege zu wechseln. Die werden alle in Tumorboard vorgestellt, und gemäß den Empfehlungen führe ich dann die Therapie durch.
USS: Wie geht es Ihnen mit diesen Empfehlungen, die Sie bekommen?
DC: Mal besser, mal weniger gut. Das heißt aber, es ist dadurch, dass ich sehr lange im Landeskrankhaus gearbeitet habe, habe ich dann natürlich auch meine Ansprechpartner. Und wenn ich jetzt mit einer Entscheidung nicht 100 Prozent d’accord gehe, ruf ich halt dann an und lass das noch mal revidieren, noch mal mit allen Aspekten. [Es] ist manchmal auch schwierig, wenn man persönlich nicht vor Ort ist, die eigenen Vorstellungen dann durch eine Patientenvorstellung rüberzubringen.
USS: Das ist ja, glaube ich, insgesamt die Hauptkritik an solchen multidisziplinären Tumorboards, dass die Patienten eben nicht als Personen vorgestellt werden, sondern eher als Akte. Und da gibt es nach wie vor Befindlichkeiten und das kann ich auch sehr gut verstehen, dass man dann eben einfach nochmal im Interesse der Patient*innen nachhakt.
DC: Das Tumorboard hat ja die Aufgabe, es [die Therapie] immer nach der Leitlinie zu machen oder auch nach der neuesten Studienlage, wenn die schon vor der Leitlinie ist. Und es kommt halt nicht jeder Patient für alles immer in Frage.
USS: Da war ja in der Urologie sehr häufig mit älteren Patienten und Patientinnen zu tun haben wird es da sicherlich auch die eine oder andere Komorbidität geben, weshalb es genau diese Patienten-Subpopulation es nicht in die Studien geschafft hat. Deshalb denke ich, muss da sehr viel Augenmaß walten gelassen werden. Werden Sie denn weiterhin Wissenschaft machen?
DC: Das ist eine gute Frage, ich glaube die werde ich mal mit Nein beantworten.
Wenn man in der Niederlassung ist, man ist Arzt, man ist Unternehmer, man ist sein eigener Marketing-Experte. Ich gebe selber zu: Als ich sehr jung war, wenn man die Universität gerade abschließt und den Karriereweg durchgehen möchte, dann hat man auch die Zeit und den Willen. Nur mein Wille ist dann schlussendlich mit der Habilitation und dann auch dem Entschluss, in die Ordination zu gehen, auch rückläufig gewesen. Ich bin gerne passiver Konsument, aber dass ich jetzt Wissenschaft noch mache, ist schwierig und würde mal sagen, nicht 100 Prozent meine Passion. Es ist natürlich wichtig – das darf man, wenn man jetzt in die Praxis geht, nicht übersehen – man hat dann nimmer den direkten Zugang zur Universitätsmedizin, wo einem auch Fortbildungen und Studien quasi präsentiert werden. Und man muss sich dann schon aktiv drum kümmern, dass man eben auf dem neuesten Stand bleibt. Aber ich denke, das ist Aufgabe genug, jetzt selbst noch wissenschaftlich tätig zu werden, da braucht man eine ganz besondere Liebe für die Wissenschaft.
USS: Ich denke, dass Sie die in der Vergangenheit auch schon gezeigt haben. Und irgendwann kommt vielleicht auch das.
DC: Irgendwann muss man sich dann entscheiden, wo es weiter hingeht.
USS: Ja, das denke ich schon auch.
Ich hatte Sie gefragt, was Sie besonders an dem Thema der Niederlassung berührt. Und ja, das wird mich jetzt noch mal auch für die Zuhörerinnen und Zuhörer interessieren.
DC: Die Niederlassung grundsätzlich, der erste persönliche Schritt war für mich der, das selbstbestimmte Arbeiten, dass jetzt für mich selbst so ökonomisch-inhaltlich verantwortlich zu sein. Man ist nicht nur für sich selbst so antwortlich, man hat auch Angestellte, man muss sich auch um die kümmern. Also man hat, wenn man in der Klinik angestellter Arzt ist, hat man seinen Fokus auf den Patienten, viele Dinge werden für einen erledigt. Jetzt mache ich Hygiene, ich mache Marketing, ich mache quasi alles selbst. Das ist schon eine Aufgabe. Auf der anderen Seite ist es gerade in der Kassenmedizin in Österreich auch ein großer Druck, dass man eine sehr große Patientenmenge anschauen muss. Also, sich Zeit für den einzelnen Patienten zu nehmen, wird zunehmend schwieriger. Ich tu mich jetzt am Anfang meiner Laufbahn noch etwas leichter, weil ich einfach neu beginne, und der Patientenstock nicht zu groß ist. Aber ich kenne das aus Vertretungstätigkeiten bei anderen Ärzten, dass ist eben auch die Zeit für den einzelnen Patienten sehr schwierig ist.
USS: Ich habe gelesen, dass die Erwartungshaltung von den Patient*innen gegenüber einem weiblichen Arzt anders sind, als gegenüber einem männlichen Arzt. Das heißt, es wird eigentlich von vornherein immer erwartet, dass sich die Frauen mehr kümmern, länger bekümmern und auch um emotionale Bedürfnisse mehr kümmern, als es die männlichen Ärzte tun.
Ist Ihnen das in Ihrer vergangenen Berufstätigkeit an der Universität auch so aufgefallen, in dem Ausmaß, also dass einfach die Durchsatzzeiten für die Patienten*innen bei weiblichen Ärzten anders sind als bei männlichen Ärzten?
DC: Ich denke schon, dass es auch ein Thema ist. Ich bin jetzt in meiner Karriere mit vielen Dingen konfrontiert worden, wie „zu Frauen wollte ich eigentlich nicht gehen, aber jetzt bin ich dann doch da“. Und ich glaube, dass nicht nur die Erwartungshaltung in der Richtung ist, aber dass sich auch Männer besser abgrenzen. Wenn jetzt zum Beispiel Frauen mit einem erhöhten Redebedarf kommen, Patientinnen, ich glaube, dass die männlichen Ärzte dann schneller mal abschalten, dass auch eher kommunizieren, das merkt der Patient auch, und dann auch nicht mehr weitergesprochen wird. Hingegen als Frau, glaube ich, dass man doch ein bisschen mehr Empathie ausstrahlt. Diese Empathie wird dann auch angenommen. Ja, es ist aber ein Teil des Jobs. Ich denke mir immer: über den Tag regelt sich‘s dann wieder, dann kommt der nächste Patient, der braucht es militärisch, der wird dann halt etwas schneller abgehandelt bzw. da sind die Ansagen klarer. Über den Tag regelt sich‘s dann irgendwann. Ich glaube, dass wir Frauen da schon mehr Empathie ausstrahlen und auch dann dazu tendieren, den Patienten doch mehr Zeit zu geben.
USS: Die Urologie insgesamt ist ja ein sehr breites Feld. Und ich denke, wer sich einmal für dieses Fach entscheidet, der nimmt auch diese Breite gerne mit in Kauf. Das heißt, ähnlich wie bei der Gynäkologie, betreut man ja, oder sind sehr viele Fälle, auch im frühen Kindesalter da, und man betreut Patient*innen bis ins sehr hohe Lebensalter. Wie sieht es bei Ihnen aus? Machen Sie auch pädiatrische Urologie oder nur adulte Urologie?
DC: Also, grundsätzlich bin ich Fachärztin für Urologie, biete das gesamte Spektrum an oder lade auch, ich nenne es auf meiner Homepage „Urologie für alle“, männlich, weiblich, divers [ein]. Es ist aber so, dass in Salzburg die meisten jungen Patienten oder Patientinnen und die Eltern mit ihren Kindern doch zum Kinderarzt gehen. Die Anzahl von Kindern, die ich sehe, ist relativ gering. Beziehungsweise, wenn kompliziertere Fehlbildungen sind, ist es auch – wie in Deutschland – zentralisiert, dass dort Zentren vorhanden sind. Aber grundsätzlich ist das Patienten-Spektrum doch sehr breitgefächert, also von Themen im mittleren Jugendalter bis hin zu den Senioren, ist das Patienten-Spektrums sehr weit.
USS: Und jetzt noch meine letzte Frage. Sie haben ja bei uns studiert von 2014 bis 2016, also vor zehn Jahren angefangen. Hat Ihnen der Studiengang Advanced Oncology in irgendeiner Art und Weise bei Ihrer beruflichen Weiterentwicklung geholfen?
DC: Da muss ich sagen: definitiv. Einerseits – mal abgesehen von der menschlichen Entwicklung, was durch die Internationalität einfach toll war – mal einen Einblick über den Tellerrand hinauszukriegen, habe ich es persönlich genutzt, weil es bei mir damals an der Klinik auch ein Karrieremodell gegeben hat, für den leitenden Oberarzt, der eine spezialisierte Fortbildung vorausgesetzt hat, sprich einen Masterstudiengang oder einen MBA [Master of Business Administration]. Und ich konnte mir jetzt dieses Masterstudium gut anrechnen lassen und habe dadurch natürlich auch einen Karriere- und Gehaltssprung gemacht. Insofern hat sich es für mich in der Hinsicht ausgezahlt. Und es hat natürlich auch in meinem persönlichen Standing in der Klinik, wo ich dann hauptsächlich für die Uroonkologie verantwortlich war, auch gegenüber den internistischen Onkologen, mir noch mal ein bisschen einen Background gegeben oder eine Unterstützung, dass ich mich da besser positionieren konnte. Also definitiv.
USS: Das freut mich sehr zu hören.
DC: Bitte.
USS: Vielen Dank. Vielen Dank für Ihre Zeit. Dann bin ich mal gespannt auf die Resonanz auf unser Gespräch. Und ich freue mich, wenn wir uns dann irgendwann auch mal wieder in Person begegnen werden.
DC: Ja, würde mich auch freuen. Herzlichen Dank für die Einladung.